Part one starts with an overview of the prehistory of moving images in the 19th Century: Zoetrope, Phenakistiscope, Chronophotagraphy etc. until the invention of the Cinematograph and Kinetograph/Kinetoscope. The second part is devoted to the Brothers Lumiere following 20 of their amazing documentaries between 1895 to 1905. The third part is a new interpretation of "A Trip Down Market Street", San Francisco 1906.
Preview
Germany 2019, HDV from hand processed 16 mm,
56 minutes, color, stereo
Film and Sound Editing: Jürgen Reble
Pemiere: Filmmuseum München, Online Retrospective 18.-21.3.2021
Distribution: Light Cone, Paris, print as:
- HD-Video, 1440x1080, stereo
Deutsch
Part 1: The Illusion of Movement
Im 19. Jahrhundert gab es vielfältige Ansätze, um die Illusion der Bewegung im visuellen Cortex zu erzeugen. Wegweisend waren die Forschungen des belgischen Physikers Joseph Plateau, der um 1830 ausführlich den Stroboskopeffekt beschrieb und ein Phenakistiskop erfand, eine Drehscheibe mit Schlitzen, hinter denen ein Bewegungszyklus von 12 Zeichnungen ablief. Es folgten weitere ähnliche Apparate und Zauberscheiben. Über die Chronofotographie gelangte man Ende des Jahrhunderts zum Cinematograph bzw. Kinetoskop. Der Film greift Bilder aus dieser Epoche auf. Dazu wurden 16mm Filmkopien handentwickelt und mit Chemikalien bearbeitet. In der Auflösung verlieren die Bilder ihren historischen Bezug und werden zu Oszillatoren zwischen Vergangenheit und Gegenwart. So entstehen neue Geschichten im Hier und Jetzt.
Part 2: Lumiere Films
Zwischen 1895 und 1905 machten die Brüder Lumiere über hundert Dokumentarfilme. Gefilmt wurde meist das, was sich gerade vor der Kamera abspielte. Die Kamera war statisch, hatte ein festes Weitwinkelobjektiv und lief handgekurbelt mit etwa 16 Bildern pro Sekunde. Der Filmvorrat einer Spule reichte dabei für eine Vorführdauer von etwa 45 Sekunden pro Einstellung. 2019 machte ich eine Auswahl von zwanzig dieser Filme und ließ sie durch meine chemischen Bäder laufen. Anschließend reduzierte ich die Vorführgeschwindigkeit auf 8 Bilder pro Sekunde. Somit bleiben dem Zuschauer etwa 90 Sekunden um jedes der Bilder vollständig zu erfassen und auch noch einen Blick auf den chemischen Prozess zu werfen. Abschließend fügte ich auf der Tonspur Klangmaterial hinzu, das einen vollständig aus dem historischen Bezug herausführt und in eine Betrachtung aus zerfließenden Bildern und Klängen hineinführt, die einen freien Assoziations- und Gedankenfluss zulässt.
Part 3: A Trip Down Market Street
Kurz vor dem verheerenden Erdbeben von 1906 entstand diese Plansequenz in San Francisco. Die Kamera ist in einer Straßenbahn aufgebaut und blickt in Fahrtrichtung hinab auf die Market Street. Bei einer Vorführgeschwindigkeit von 16 Bildern pro Sekunde ist die Einstellung etwa 12 Minuten lang. Ich kopierte das Material auf 16mm Film und arbeitete wiederum mit speziellen Bleichern und Tonern so dass der Eindruck eines zerfließenden Gemäldes entsteht. Durch die Länge der Einstellung öffnen sich Zeitfenster nicht nur auf das Straßenbild von 1906 sondern auch auf seinen augenblicklichen Zustand im Kopf des Betrachters. Wie auch bei den vorherigen Teilen fällt dem Ton die Aufgabe zu, eine Atmosphäre aufzubauen, die den Betrachter sinnlich vollständig in diesn Trip eintauchen lässt.